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Tote Buchstaben

„Die Schrift ist ein toter Buchstabe, den nur die Einbildungskraft und der Verstand des Lesens beleben kann“, erkannte der Philosoph Christian Garve. Das gelesene Wort, in Inhalte und Bedeutung zu übersetzen, ist, soweit wir es wissen, ein Privileg unseres Menschsein.

Erkennt man den Sinnzusammenhang nicht und fehlt die Fantasie kann ein Buchstabensalat, auch wenn er noch so schön aufbereitet wird, nicht spannend, fesselnd oder interessant werden. Die heutige Zeit bietet zu viel an Unterhaltung, bei der man nur berieselt wird, dass eigenständiges Denken und Fantasie nicht gefragt sind. Die einen verlernen die Fähigkeit, die anderen haben sie nie. Durch Symbolik und Verwenden von Piktogrammen wird uns auch im Alltag immer mehr Denkarbeit abgenommen, denn schneller lässt sich ein Piktogramm erfassen als ein geschriebenes Wort und sieht auch nett aus. So verlernen wir mehr und mehr, Kompliziertes, Langwieriges oder Umfassendes zu deuten und versehen.

Ähnliches passiert in der Kunst.

Können Buchstaben schon nicht mehr zum Leben erweckt werden, wie ergeht es dann Farben und Formen, Grundlage der Bildsprache? Ist Bildinterpretation das Privileg weniger Gebildeter? Und obwohl Kunst zur Massenware erhoben wurde, versteht sie keiner mehr? Versteht deshalb keiner mehr Kunst, weil’s jeder macht? Verbreiten wir also Kunst, die von Ungelernten, Ungelehrten und Nichtverstehenden zur Selbstverwirklichung und Selbstfindung gebraucht wird? Wie kann daraus Kunstverständnis und Kunstinteresse entstehen? Wann kehren wir wieder an den Ursprung zurück und beginnen wieder damit, der Kunst durch Einbildungskraft und Verstand leben einzuhauchen? Wann hören wir auf, Kunst zu bewerten und bemessen und nach Wertsteigerungen zu beurteilen?

Mein persönliches Ziel ist es, meiner Fantasie wieder mehr Raum zu geben und mich von Gemaltem, Gestaltetem verführen zu lassen, Emotionen zuzulassen. Es bedarf Zeit und Übung, aber es ist Erlernbar und Begreifbar. Und lässt man sich ein und wird von einem Bild berührt, dann ist das für mich genau der Moment, wo ich das Gesehene als Kunst betrachte.

zeit.lose

zeit.lose sind Sammlungen von unbelebten Objekten, also Stillleben. Es sind Motive, wie man sie praktisch überall finden kann. Sie bewegen sich nicht und werden nicht müde, Modell zu stehen. Dadurch kann der Fotograf von der Leblosigkeit der Motive im technischen Sinne profitieren. Man kann eine große Kontrolle über die Bildkomposition und Licht ausüben.

Durch Nahaufnahmen eines solchen unbelebten Objektes hebt man es in eine abstrakte Darstellungsform. Oftmals lässt sich in einer solchen Nahaufnahme das dahinter stehende Objekt nicht mehr erkennen. Weitere Eingriffe in das visuelle Geschehen werden durch punktuelles Zerstören der Fotooberfläche vorgenommen.

Ich untersuche in der Reihe zeit.lose, wie stark eine Entfernung vom unbelebten Objekt möglich ist und überlasse es dem Betrachter, nach seinen eigenen, persönlichen Bildinhalten zu suchen.

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