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Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg 2010

Sommerakademie Salzburg

Kursprogramm 2012

Das neue Kursprogramm 2012 steht unter dem Motto ”in den Abgrund springen und sogleich wieder auftauchen“*. Ausführliche Beschreibungen zu den Kursen sind ab sofort auf der Website www.summeracademy.at/KURSE-2012_194.html zu finden.

Wir wünschen Ihnen ein wunderschönes, produktives Jahr 2012 und würden uns freuen, Sie im nächsten Jahr in der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg begrüßen zu dürfen.

Falls Sie noch ein passendes Weihnachtsgeschenk benötigen – als ehemalige Studierende oder Mitglieder des Vereins der Freunde der Sommerakademie haben Sie exklusiv die Möglichkeit, unsere limitierten Druckgrafiken für einen Sonderpreis zu erwerben. Weitere Infos hier www.summeracademy.at/Grafikeditionen_77.html

Workshop: Zorka L-Weiß: Fast geometrisch

Ein Workshop für Erwachsene im MMKK Klagenfurt von und mit Zorka L-Weiß: Sie wurde 1946 in Klagenfurt geboren. 1968 schloss sie ihr Studium der Malerei bei Prof. Max Weiler an der Akademie für bildende Kunst in Wien ab. Sie unterrichtet bildnerische Erziehung am Bundesgymnasium für Slowenen in Klagenfurt. Sie lebt und arbeitet in Unterkreuth bei Ebenthal.

Gedankenimpressionen aus dem Workshop:

Die Geometrie ist ein Ordnungssystem, die Vermessung der Welt, aus den Grundflächen Kreis, Viereck und Dreieck und deren Ausdehnungen; in Cezannes Arbeit fanden alle Grundformen ihren Niederschlag in seiner Malerei; der Meister der Geometrie war Piet Mondrian, sowie Konstruktivisten, Supprimitisten wie Kazimir Malevich;

Landschaft – nicht reine Natur, sondern gestaltete Natur; der Mensch ordnet, um sich zurecht zu finden, macht rechteckige Felder, baut Straßen, Brücken, Häuser, Zäune; die Natur selbst entwickelt sich auch nach geometrischen Gesetzen.

Der Künstler stellt sich gegen oder geht mit der Landschaft; entweder rationale Analyse oder nach Empfinden und Gefühl; den Blick ordnen durch Raster; Farben als Teil der Landschaft – Farbraster, Farbauszug; differenzierte Farbflächen einer Farbe.

Komposition ist die Ordnung im Bild, jeder Mensch hat einen Sinn für Gleichgewicht, das es zu nutzen gilt; Grundrichtungen wie senkrechte, waagrecht, Schräge, Richtung, Gegenrichtung und Gewichte nutzen.

cadavre exquis

Cadavre Exquis (übersetzt: vorzügliche Leiche) beschreibt eine im Surrealismus entwickelte Methode, den Zufall bei der Entstehung von Texten und Bildern mitwirken zu lassen. Übertragen auf ein Bild zeichnen mehrere Personen, ohne zu sehen und zu wissen, was der Vorherige schon gezeichnet hat. Es wird also nach dem Zeichnen jeweils das Papier gefaltet, nur die Ansätze für den nächsten Zeichner sind sichtbar und dieser führt die ihm vorgegebenen Ansätze weiter.
Dieses Cadavre Exquis entstand mit Friedrich J. Tragauer:

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Auch der zweite Versuch sieht irgendwie ähnlich aus:

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Frank Koebsch: (10) Sind Aquarelle Kunst?

Frank Koebsch fragt diese Woche: Sind Aquarelle Kunst? Und stellt weiters zur Diskussion:

  • Aquarell ist Kinderkram, denn das machen doch die Kinder bereits in der Kita.
  • Etliche Galerien nehmen keine Bilder auf Papier entgegen und erst Recht keine Aquarelle.
  • Aquarelle erzielen geringere Preise als Bilder in Acryl, Mixed Media, Öl vom gleichen Künstler im gleichen Format???

Meine Antwort:

Grundsätzlich dürfte der Aquarellist die selben Probleme haben, wie der Öl- oder Acrylmaler. Viele machen es und glauben, dass es dadurch nichts besonderes sei.

Für mich persönlich ist ein gut gemachtes Aquarell die Hohe Kunst des Malens, quasi die Königsdisziplin der Malerei. Wasser- und Lichtdurchflutete Bilder sind eine Herausforderung an die Planung in Kombination mit Mut zum Zufall. Ich habe große Achtung vor den Könnern der Aquarellistik. Daher für mich ein Eindeutiges: Ja, Aquarelle können Kunst sein.

Die Problematik mit den Papierarbeiten kenne ich. Ich arbeite selber auch zu 95 % auf Papier und habe die Erfahrung gemacht, dass Kunden / Galeristen diese Arbeiten nicht gerne annehmen, weil die Herausforderung der zusätzlichen Rahmung besteht. Der Kunde an sich ist meist überfordert, sich der Aufgabe, selber einen Rahmen zum Bild kaufen zu müssen, zu stellen. Außerdem kommen nicht kalkulierbare Kosten auf ihn zu, die der potenzielle Käufer zum Zeitpunkt des Erwerbes des Bildes noch nicht kennt. Und egal, wie man ein Bild auch Rahmen mag, es gefällt bestimmt nicht jedem. Geschmäcker sind nun mal verschieden, und wer mag einen neutralen weißen, schwarzen, grauen oder silbernen Rahmen, wer knallige Farben, wer Holz und wer Metall? Das ist oft schon mal abschreckend. Weiters wissen speziell die Galeristen, dass Papier arbeitet; es kann sich wellen, vergilben, verändern. Die Lagerung ist ebenfalls wesentlich sensibler zu gestalten.

Ein Öl- oder Acrylbild ist immer quasi zum Aufhängen bereit und braucht keine zusätzliche Rahmung. Daher steht für einen potentiellen Kunden der Kaufpreis fest und kann so wie gesehen auch mit nach Hause genommen und an den Nagel gehängt werden. Kein Zusätzliches Herumlaufen oder Nachdenken nötig. So einfach ist das.

Die Bewertung der Galerien bezüglich der Wertigkeit von Aquarell, Öl und Acryl im Zusammenhang mit der Preisgestaltung kann ich nicht nachvollziehen. Gutes Papier ist oftmals teuerer als eine Leinwand (die heutzutage fast ausschließlich aus Baumwolle besteht),  zuzüglich der benötigten Farbe entstehen daher annähernd ähnliche Kosten, egal für welches Malmaterial. Daher scheint die Wertsteigerung durch Verwendung der Ölfarbe anstatt der Aquarellfarbe nicht ganz gerechtfertigt.

Portugals Weltkulturerbe

Die offizielle Liste Portugal:

Unsere Reise durch Portugal zwischen Lisabon und Porto hat uns zu vielen historischen und schönen alten Städten geführt. Die in rot ausgeführten Gebäude und Landstriche der Liste an Weltkulturerbe haben wir besichtigt und sind begeistert und festgestellt, dass diese wirklich besonders sind.

Nicht nur das Land Portugal finden wir sehenswert, auch die Bevölkerung ist eine Reise dahin wert. Die Menschen sind sehr freundlich und hilfsbereit und teilen sehr gerne, was sie haben. Sie sind gesprächig und bemühen sich in den Sprachen Englisch, Spanisch und Französisch. Nur wenige Portugiesen können ein paar einfache deutsche Wörter, aber auch dann liesen sie es uns wissen. Sie sind sehr feinfühlig, wissen sehr schnell, woher der Gast kommt und welche Sprache die Speisekarte haben soll. Dankbar und erfreut waren sie auch über unsere wenigen portugisischen Floskeln, die wir zu Beginn der Reise gelernt hatten, denn Guten Tag, Auf Wiedersehen, Bitte und Danke sollte man auf jedenfall  in der heimischen Sprache können.

Roswitha Geissler: (9) Schafft Kunst Illusion?

Roswitha Geissler fragt in der bereits 9. Woche der Blogparade: Schafft Kunst Illusion? und meint dazu: Sollten sich Bilder zuerst dazu bekennen, Bilder zu sein, und dann zugeben, dass jedes Bild eine Täuschung ist, eine Illusion, nichts anderes als ein bemaltes Objekt?Ein Gemälde stellt etwas Wirkliches dar, aufgrund dessen der Künstler die Illusion schafft. Das heißt, dass die Idee, die ein Maler zu verwirklichen trachtet, etwas Rea­les besitzt, die Wirkung, die hieraus resultiert, sich jedoch nicht mehr mit der Realität deckt. Also schafft der Künstler mit Hilfe der Wirklichkeit ein illusionäres Spiel um seiende und scheinende Existenz.

Meine Antwort:

Kunst schafft immer Illusion. Auch wenn ein Künstler realistische oder sogar fotorealistische Bilder malt, bedient er/sie sich der Illusion, dreidimensionale Körper zweidimensional so darzustellen, dass sie auf den Betrachter wieder dreidimensional wirken. Und Künstler gestalten sich ihre Welt / ihre Bilder immer nach ihren persönlichen Gesichts- und Standpunkten, ihre Arbeiten unterliegen auch immer  dem Einfluss der Persönlichkeit des Künstlers.

Anna Schueler: (6) Ist die Malerei ein Auslaufmodell?

Für diese Woche steht bei Anna Schüler diese Frage zur Diskussion:
Ist die Malerei tatsächlich altmodisch, ein abgelaufenes Kunstmodell, ausgereizt? Sie schreibt: „Mittlerweile malt fast jeder. In Kursen kann man seine eigene Kunstwerke erstellen, die sich dann gut im Wohnzimmer machen. Leinwände und Farben gibt es bei Aldi oder Lidl zu Billigpreisen und tausende Freizeitkünstler drängen auf den Markt.
Täten wir also alle gut daran, nach neuen Ausdrucksformen zu suchen….?

Meine Antwort:

Kunst ist unabhängig von der Art oder Form des Ausdruckes. Neue Ausdrucksformen sind meiner Meinung nach nicht mehr zu finden. In der Kunst ist alles schon einmal dagewesen. Auch die durch die heutige Computertechnik möglich gewordenen Arbeiten können nur noch verbessert, aber nicht mehr neues hinzuerdacht werden. Ein Künstler sollte sich nicht der Überlegung hingeben, ein bestimmtes Ausdrucksmittel zu verwenden, um aufzufallen oder sich aus der Masse abzuheben, sonder nach dem einen, für ihn bestimmten Ausdrucksmittel zu suchen, mit dem er/sie sich am besten auszudrücken vermag. Nur dann ist Kunst identisch und echt.

Daher ist die Malerei kein Auslaufmodell, sondern lediglich ein viel genutztes Ausdruckmittel.

Conny Niehoff: (4) Sollte Kunst erschwinglich sein?

Eine weitere Woche der Blogparade führt uns zu Conny Niehoff und der Frage:

Sollte Kunst erschwinglich / bezahlbar sein? Es wäre schön, wenn es so wäre.

Meine Antwort:

Nüchtern betrachtet, muss man aus der Sicht des Künstlers sagen, dass Kunst sich auch danach richten muss, dass ein Künstler seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Ich habe dafür einmal eine Rechnung angestellt, dass bei einem durchschnittlichen monatlichen Lebensunterhalt von 1000,– (im Vergleich mit einem nichtselbständig Tätigen) durch Hinzurechnung von Steuer, Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung, Abgaben, Materialien, Werbung, Reise- und Galerieaufwand mindestens ein Monatsumsatz von 2000,– erzielt werden muss. Dies muss ein Künstler in die Preise seiner Bilder mit einberechnen und auch noch den „Ausfall“, den er hat, weil ja nicht jedes Bild verkäuflich ist und auch nicht jeder, der bei ihm vorbeikommt, auch tatsächlich ein Bild kauft. Kommen zum Monatsumsatz auch noch die Galeristen und ihre Provisionen hinzu, muss schon mindestens ein Monatsumsatz (durch den Galeristen von 5000,–) erzielt werden, damit der Künstler die 2000,– erhält. (Eine Einschätzung meinerseits und keine wissenschaftlich fundierte Berechnung.)

Künstler gab’s noch nie so viele wie heute. Dabei möchte ich mir ein Urteil über künstlerisch oder nicht, gar nicht erlauben. In Anbetracht dessen, dass auch in der Vergangenheit nur wenige Künstler berühmt und vielleicht auch mal reich geworden sind, war es immer schon ein hartes Brot. Heutzutage muss der Markt aber auch noch von einem Heer von Kreativen geteilt werden. Hinzu kommt noch, dass die Presse immer wieder nur teuere/werkvolle/einzigartige Werke präsentiert, dass wiederum die Volksmeinung bildet: Kunst muss kosten, sonst ist es keine Kunst. Ein weiterer Schwierigkeitsgrad besteht auch darin, dass heute Kunst an sich nicht definiert ist, jeder alles als Kunst bezeichnen kann und somit eine große Unsicherheit über Kunst und Wert der Kunst vorherrscht.

Alles in allem wäre es zwar wünschenswert, wenn Kunst bezahlbar wäre, aber realistisch betrachtet hat die Preisfindung eines „durchschnittlichen Künstlers“ – also aller jener, die keinen Weltruhm erlangen – sich nach seinem Lebensunterhalt zu richten und der hat nun einmal seinen Preis.

Oliver Kohls: (3) Braucht Kunst eine handwerkliche Grundlage?

Die Blogparade startet ihre 3. Woche mit der Frage von Oliver Kohls: http://kuestenbilder.blogspot.com

Braucht Kunst eine handwerkliche Grundlage?

Meine Antwort:

Betrachtet man die Kunstgeschichte, gab es wenige Genies, die, ohne Studien und Lehren großartige künstlerische Wege beschritten und die Kunstgeschichte beeinflusst haben. Für alle anderen war gerade das Studium, learnig by doing, wertvolle Grundlage für ihr Schaffen.

Ich selber habe bis Sommer 2006 ausschließlich autoditakt gearbeitet und habe sehr oft meine Grenzen bemerkt. Irgendwann kam der Zeitpunkt, wo mir das Lesen und eigenständige Lernen zu mühsam und nicht mehr genug war. Das war auch der Zeitpunkt, wo ich mich um eine Ausbildung bemüht habe. Ich habe in 2 Jahren alle Materialien mit ihren Stärken und Schwächen kennen gelernt, verschiedenste Techniken und Stile erarbeitet und studiert und mir damit einen wesentlichen und wichtigen Überblick verschafft. Auch durch das Lernen der Kunstgeschichte habe ich mir ein Maß an Verständnis für die Kunst erworben und habe festgestellt, dass ich mich jetzt nicht mehr mit den Materialien und Techniken plagen muss, sondern mich auf die Entwicklung meiner Ideen und Konzepte konzentrieren kann. Das erleichtert mir das Arbeiten sehr.

Für mich also ein klares: JA, Kunst braucht handwerkliche Grundlagen. Ich gehe auch soweit zu sagen, dass es nicht nur notwendig ist, handwerkliche Grundlagen zu erlernen, sondern sie auch in vielen ihrer Facetten zu erproben.

Gerhard Richter – Übermalte Fotografien

Gerhard Richter – Übermalte Fotografien – Zigarette nach dem Schaffensrausch – Kunst – art-magazin.de.

In diesem Artikel vom 17.10.2008 wird eine andere Art der Übermalung von Fotos vorgestellt, nämlich wie Gerhard Richter versucht, den Zufall mit dem Zufall zu überlisten. Er drückt handelsübliche private Fotos einfach in Ölmalfarbreste drückt, sie hindurchzieht oder damit besprenkelt.

Der ganze Artikel:

ZIGARETTE NACH DEM SCHAFFENSRAUSCH
Das Museum Morsbroich in Leverkusen zeigt mit den übermalten Fotografien eine bislang weitgehend unbekannte Werkgruppe Gerhard Richters: private Schnappschüsse mit bunten Farbresten besprenkelt. Parallel dazu präsentiert das Kölner Museum Ludwig mit der Ausstellung „Abstrakte Bilder“ rund 40 Gemälde aus den Jahren 1986 bis 2006.
// MICHAEL KOHLER, LEVERKUSEN

Wenn Gerhard Richter seine gewaltigen abstrakten Bilder malt, wird erst geklotzt und dann gekleckert. Meist schmiert Richter ein gutes Kilo Farbe auf seinen überdimensionierten Spachtel, um ihn an einem Seil über die am Boden liegende Leinwand zu ziehen und die Farbe darauf zu verteilen. Dieser Vorgang wird so lange mit neuen Farbschichten wiederholt, bis der Maler erschöpft oder das Gemälde fertig ist.

Ist das Werk getan, greift Richter in eine Kiste privater Schnappschüsse, die weder ins Familienalbum noch in sein Atlas genanntes Vorlagenbuch gelangten. Diese industriell entwickelten Fotografien im Allerweltsformat zehn mal fünfzehn Zentimeter werden nun übermalt, indem Richter sie entweder in die an seinem Malwerkzeug haftenden Ölfarbreste drückt, sie durch die bunten Farbreste hindurch zieht oder sie mit ihnen besprenkelt. Im ersten Fall bilden sich feine Verästelungen auf der weite Teile des Bildes verdeckenden Farbschicht, im zweiten zieht die Farbe Schlieren und im dritten sieht es aus wie nach einer Spaghettisoßenschlacht. Gefällt Richter sein Werk, darf es bleiben, falls nicht, wandert es schnurstracks in den Mülleimer.

So oder so ähnlich entstehen nach Markus Heinzelmann, dem Direktor des Leverkusener Museum Morsbroich, die Arbeiten einer bislang weitgehend im Verborgenen blühenden und nun erstmals mit musealen Ehren präsentierten Werkgruppe Gerhard Richters: die übermalten Fotografien. Während der anwesende Richter dazu wohlgefällig nickte, stellte sich sogleich die Frage, ob sich hier eine schon von Pablo Picasso bekannte Form des Devotionalienhandels wiederholt. Offensichtlich sind die übermalten Fotografien gleich im doppelten Sinne Abfallprodukte des Richterschen Werks und wurden passend dazu bislang meist unter dem Ladentisch an verdiente Sammler und Freunde abgegeben. Nicht einmal Richters Galeristen wissen, wie viele übermalte Fotografien mittlerweile kursieren, Heinzelmann schätzt, dass sein Museum mit rund 500 Exponaten etwa die Hälfte aller seit 1989 entstandenen Bilder präsentiert. Doch als was werden sie in die Kunstgeschichte eingehen? Als bloße Souvenirs, als Zigarette nach dem Schaffensrausch oder vielleicht doch als unscheinbarer, aber wesentlicher Schlüssel zu einem grandiosen Werk?

Den Schock der Fotografie überwinden

Gerhard Richter malt nicht nur häufig nach Fotografien, man könnte sogar sagen, dass er mit seinem gesamten Werk versucht, den Schock der Fotografie zu überwinden. Dieser besteht darin, dass sich die Welt durch bloßes Auslösen eines Mechanismus wahrhaftiger darstellen lässt, als es ein Maler mit dem Pinsel kann. Im Grunde siegt im Schnappschuss der Zufall über die Gestaltung, was auch vielen Fotografen Kopfzerbrechen bereitete und zur Bewegung des Piktorialismus führte. Anfang des 20. Jahrhunderts nutzte Edward Steichen spezielle Druckverfahren, um seine Fotografien in ein Unschärfebad zu tauchen und dadurch künstlerisch zu veredeln. Genau das gleiche macht auch Gerhard Richter in fotorealistischen Arbeiten wie dem „Stammheim-Zyklus“ (1988), nur dass er tatsächlich malt und nicht nur die Vorlage malerisch manipuliert.

Um den Zufall als Schöpfer geht es auch in Richters abstraktem Werk: Mit dem langen Rakel lässt sich nun einmal nicht exakt planen, was auf der Leinwand haften bleibt, selbst Jackson Pollocks Drippings wirken daneben wie penible Spießerwerke. Richter sagt dazu, dass er sich dem Zufall überlasse, um ihn gestalten zu können. Natürlich ist das ein Paradox, das man nicht rational erklären und höchstens vor den Bildern empfinden kann. In jedem Fall ist es eine titanische Aufgabe, die sich Richter da aufgebürdet hat. „Atlas“ heißt nicht nur sein Sammelbuch mit möglichen Motiven, Atlas, das ist Richter selbst. Ein Titan, der, von den Göttern gestraft und zugleich geadelt, ganz allein das marode Himmelsgewölbe der malerischen Ideen stützt.

Hier kommen Richters private Fotografien ins Spiel. In ihnen sucht man vergebens, was Henri Cartier-Bresson den „entscheidenden Augenblick“ nannte. Den Moment, in dem eine Aufnahme den Zufall besiegt, indem sie ihn wie eine künstlerische Komposition der Wirklichkeit aussehen lässt. Richter holt ihn auf seine Weise nach: Er „übermalt“ die Fotografien, er versucht den Zufall mit dem Zufall zu überlisten, und was dabei herauskommt, ist mal schön und mal weniger schön anzusehen, aber immer Ausdruck eines erstaunlich zärtlichen Kraftakts. Wer die Schau „Gerhard Richter – Abstrakte Bilder“ im Kölner Museum Ludwig (bis 1. Februar) besucht, sollte den Abstecher nach Leverkusen auf keinen Fall vergessen. Und umgekehrt.

Solche Arbeiten von Gerhard Richter findet man hier